Dezember -1
Nachruf
Hildegard Doerenkamp verstorben Nach kurzer, schwerer Erkrankung ist am 21. Februar 2011 die Mitbegründerin der Doerenkamp-Zbinden Stiftung, Frau Hildegard Doerenkamp, in ihrem 91. Lebensjahr verstorben. Sie lebte zuletzt zurückgezogen im Schwarzwald/Deutschland, Seniorenresidenzen und Hotels wollte sie nicht weiter ertragen. Sie versorgte sich selbst und hatte endlich wieder die Unabhängigkeit gefunden, die sie sich ein Leben lang bewahrt hatte. Frau Doerenkamp war ein Naturmensch im besten Sinne des Wortes. Immer wieder versuchte sie sich als Bäuerin, bewirtschaftete Höfe am Niederrhein, in Graubünden und in Neuschottland/Kanada. Die 15 Jahre in Kanada bezeichnete sie rückwirkend immer als die schönsten ihres Lebens, dort nahm sie auch die kanadische Staatsbürgerschaft an. Ihre kanadischen Nachbarn, die sehr betrübt über ihren plötzlichen Tod sind, schrieben mir: She was a great lady with a zest for life and great determination. We are very sad to have lost a good old friend. Seit Hildegard Doerenkamp 1982 Professor Gerhard Zbinden kennenlernte (er verstarb leider viel zu früh 1993), war sie zunehmend fasziniert vom wissenschaftlichen Tierschutz. Mit ihm zusammen gründete sie 1985 die Doerenkamp-Zbinden Stiftung (DZS). In den letzten Jahren entstanden, finanziert von dieser Stiftung, weltweit 6 Lehrstühle für Alternativmethoden zu Tierversuchen (Erlangen - noch von Frau Doerenkamp persönlich finanziert, Konstanz, Utrecht, Baltimore, Genf, Tiruchirappalli/Indien). Die ausführliche Geschichte der Doerenkamp-Zbinden Stiftung ist auf www.doerenkamp.ch zu finden. Die DZS soll völlig unabhängig sein, sammelt keine Spenden, nimmt Geld weder vom Staat noch von der Industrie, das war ihre oberste Maxime. Die Unabhängigkeit in Entscheidungen von politischen Moden und anderen Zwängen, die sich durch externe Finanzierung ergeben, wird auch nach dem Tode gemäß des Wunsches der Stifterin erhalten bleiben. Gerne nahm sie Ratschläge an, aber nie ohne sie auch eingehend zu prüfen. Sie las viel (eine begeisterte ALTEX Leserin der ersten Stunde) und fragte viel. Und oft kamen einem bei ihren gezielten Fragen selbst Zweifel, ob man wirklich alles genau verstanden hat. Sie machte kein Hehl aus ihrer Zuneigung für Hunde und mit der Souveränität des Alters setzte sie sich über philosophische Einwände hinweg, dass es keinen vernünftigen Grund gäbe, bestimmte Tierarten anderen vorzuziehen. Gerne verblüffte sie ihre Diskussionspartner auch mit der Aussage, dass sie gerade für Primaten am wenigsten übrig hätte, die wären dem Menschen zu ähnlich, und mit denen könne sie nun ganz und gar nicht. Wobei sie solche Aussagen natürlich immer auch mit einem Schuss Ironie relativierte. Sie war selbstbewusst genug, auch über sich selbst lachen zu können. Frau Doerenkamp litt sehr unter ihrer Schwerhörigkeit. Bei den alliierten Bombenangriffen auf Köln weigerte sie sich, in den Luftschutzkeller zu gehen, sie legte sich in den Garten des Elternhauses, die Druckwellen der Bomben beschädigten ihr Gehör schwer. Gespräche mit ihr fanden immer mit Bleistift und Papier statt, fast täglich wurden über Jahre hinweg die Geschicke der Stiftung per Faxaustausch geregelt. Die Stiftung war ihr Lebenswerk, immer wieder erkundigte sie sich gerade in den letzten Krisenjahren nach dem wirtschaftlichen Befinden der Stiftung und war erleichtert, dass die von ihr geforderte vorsichtige Anlagestrategie das Stiftungsvermögen intakt durch die Weltwirtschaftskrise gleiten ließ. Gerne schoss sie immer wieder Zustiftungen aus ihrem privaten Vermögen zu, wenn die Stiftung aus eigenen Kräften bei einer Lehrstuhlgründung überfordert gewesen wäre. Mit Hildegard Doerenkamp verlieren wir eine großartige Frau. Sie war Ehrensenatorin der Universität Erlangen/Nürnberg, Gedenktafeln ehren sie am Institut für Companion Animals an der Veterinärmedizinischen Fakultät in Utrecht und der Bloomberg School of Public Health in Baltimore, in Indien wurde das mit den Mitteln der Stiftung erbaute Zentrum für Alternativmethoden Mahatma Gandhi-Doerenkamp-Center benannt. Doch außer diesen Ehrungen ist ihr der viel größere Dank all derer gewiss, deren Leben sie entscheidend beeinflusst hat, die, wie es so schön heißt, durch ihr Engagement die (wissenschaftliche) Laufrichtung geändert haben. Wobei es ihr immer wichtig war, dass durch ihr Engagement mehr als Tiere geschützt wurden, dass es eine bessere Medizin für die Menschen wäre, die durch humanere Forschungsmethoden entwickelt würde. Ihr Ableben hat Frau Doerenkamp bis ins Detail vorbereitet. Eine intensiv-medizinische Lebensverlängerung lehnte sie kategorisch ab. Ihre Urne wird auf ihrer früheren Farm in Kanada in die Erde versenkt. Diese letzte Fahrt in ihrem Auftrag wird uns wehmütig stimmen. Möge Sie im Jenseits gnädig auf die Weiterentwicklung ihres Lebenswerks herunterschauen und noch stolzer auf ihr Lebenswerk sein. Unser Mitgefühl gilt der Tochter von Frau Doerenkamp. Franz Paul Gruber, im Namen des Stiftungsrates und des Wissenschaftlichen Beirats und der Geschäftsstelle der Doerenkamp-Zbinden Stiftung sowie der Doerenkamp-Lehrstühle in Erlangen, Konstanz, Utrecht, Baltimore, Genf und Tiruchy/Indien |